Freitag, 12. Juni 2009

Von Ethik, Geschäft und ein bisschen Idealismus


"Erst Recherche, dann Meinung" - so der finale Minimalkonsens zwischen den Diskutanten beim Symposium "Die Macht der Bilder". Die kontroverse Diskussion brachte vor allem das allgegenwärtige Spannungsverhältnis zwischen Idealismus und Pragmatismus im Journalismus zu Tage.

Aufgeheizte Stimmung im Hörsaal der FHH Hannover: An der aktuellen Stern-Titelstory - die Fotos aller Absturzopfer des jüngsten Air France-Unglücks präsentierte - entbrannte schnell ein lebhafter Schlagabtausch, der weit über das Thema Bildethik hinaus ging. Darf man menschliches Leid so visualisieren? Für den Chefredakteur der AP Deutschland, Mark-Oliver Multhaup, war die Sache klar: "Journalismus ist vor allem Geschäft." Daher gehöre ein redaktionsinternes Abwägen von Positionen, das auch für einige unmoralische Entscheidungen mit sich bringe, im Medienbusiness einfach dazu. Volker Lensch, Leiter der Bildredaktion des Stern, pflichtete dem bei. "Das ist die Welt heute"- Realitäten müssten akzeptiert werden, so der Journalist. Am Ende zähle vor allem der Nachrichtenwert, fasst Lensch nüchtern zusammen. It's all about Entertainment? Nicht einverstanden zeigte sich der Hannoveraner Fotografie-Professor Rolf Nobel. "Fotografen sind auch immer Autoren", so der Experte - und betonte die ethische Verantwortung eines jeden einzelnen Journalisten. Für Leserreporter, die im Auftrag großer Boulevardzeitungen Schnappschüsse erhaschen, hatte Nobel nichts übrig. Pressefotograf Tim Schaarschmidt unterstütze diese Haltung - räumte aber ein, dass ein größerer Pool an aktuellen Bildern die journalistische Arbeit erleichtere.
Am Ende war klar: Ethische Fragen bleiben Daueraufgabe - nicht nur für Fotojournalisten. Und so appellierte die Nachwuchsforscherin Stefanie Pannier mehr Verantwortung der Leserschaft und knüpfte an die Ethiklehre an. "Sein ist nicht sollen": Medienmacher müssen nicht alles publizieren - Rezipienten nicht alles konsumieren, was ihnen vorgesetzt wird.

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