Sonntag, 21. März 2010

Fucking HOT!


Nicht nur bei den Sessions ging es hitzig zu, sondern auch beim Mittagessen.

Jeder Politiker ein Mensch… und umgekehrt…


Mit politischer Kommunikation in sozialen Netzwerken oder über Twitter wurde gleich am Vormittag direkt eingestiegen. Geboten werden sollen aber nicht nur Fakten und Informationen. „Da trotzdem die Authentizität zu wahren, ist die Schwierigkeit!“ - Schließlich fühlt man sich unter den Druck gesetzt, Persönlichkeit zu zeigen. Aus diesem Grund verschiebt sich die Grenze von Privatheit und Öffentlichkeit. Eine genaue Trennlinie ist nicht mehr zu erkennen. Angst vor Kritik taucht da nicht selten auf, denn wer in der virtuellen Öffentlichkeit steht, muss auch den ein oder anderen Kommentar einstecken.
Ein positiver Nebeneffekt ist es, dass Politiker zahlreiche Unterstützer finden, die schon mal das Antworten übernehmen oder sich, wie es ein Diskussionsteilnehmer ausdrückte, „in die Bresche schmeißen“.
Insgesamt stellt Twitter ein beliebtes Fenster zur Diskussion dar. „Da bekomm ich sie auch mit, da kann ich mich auch selber einmischen“, fügt der ältere Brillenträger hinzu. Gemeint ist damit die Möglichkeit, persönlich auf die Kommentare politischer Führungspersonen einzugehen. Die Entwicklung damit zu steuern, ist allerdings ein Irrtum. „Nicht jeder Brief wird wahr und ernst genommen. Davon dennoch überzeugt zu sein, ist doch Quatsch!“, formuliert es ein hagerer Mann in schwarzem Sakko.
Ein etwas anderes Thema war die Veröffentlichung des Privatlebens im Web. Die Diskursteilnehmer sehen es in Zukunft als „normal“ an, dass in Zukunft Partyfotos in den Netzwerken verbreitet werden. Viel eher erregt ein angepasstes Profil das Misstrauen des Betrachters. - Das konnte ein Arbeitnehmer aus dem Publikum nur bestätigen. Er selbst wir eher skeptisch, wenn er bei seinen Bewerbern nur bereinigte Profile zu Augen bekommt. „Natürlich feier ich auch und im Anschluss gibt es dann auch Bilder davon in Facebook“, meinte er. - „Alle anderen sind weichgespülte, eingekochte Schwachstruller“, stimmt ein anderer mit radikalerer Wortwahllauthals ein, ehe die Session ihrem Ende entgegen steuert.
Letztendlich bleibt die Einsicht, dass jeder Politiker auch nur ein Mensch ist und jeder Mensch doch auch irgendwie ein Politiker.

"Dankbar für Unterstützung"



Der 27-jährige Organisator Valentin Tomaschek aus Hamburg, von seinen Mitmenschen als Lebenskünstler bezeichnet, über Koffein und Professionalität.

Politcamp ist für mich wegen der sechs Wochen Vorbereitungszeit vor allem anstrengend.

Regen an der Spree bedeutet dass wir letztes Jahr einfach zu sehr mit dem ganzen Sonnenschein beim Wetter vorgelegt haben.

Macs auf einer von Microsoft gesponserten Veranstaltung sind ...nunja, ich bin da doch sehr dankbar für die Unterstützung.

Der beste Tweet war „das PolitCamp ist viel zu professionell organisiert“

Stress ausgelöst hat bei mir ...ach, das PoliCamp macht doch eigentlich nur Spass.

Massenhaft konsumiere ich während des Politcamps (blickt kurz auf die Club-Mate Flasche in seiner Hand) Koffeinhaltige Getränke!

Für das nächste Politcamp will ich unbedingt mehr Zeit um die eigene Veranstaltung selber auch erleben zu können.

Politik am Morgen oder: Kaffee, bitte!


10 Uhr im Radialsystem. Keine Knopperszeit in Deutschland, sondern die Rufe nach Kaffee dominieren.


Erst ein geringer Prozentteil der knapp tausend Teilnehmer hat es so früh an die Spree-Location hinter dem Ostbahnhof geschafft, bekannte Gesichter sieht man aber viele: Das Orga-Team um Tomaschek, auffällige Session-Leiter und junge Medienmacher von Onlinemagazinen.
„Leute, um 16 Uhr bin ich weg –würde gern vorher die Planung machen“, verkündet ein Teilnehmer via Twitterwall. „Moin moin“ wünschen andere. Und während das Wetter draußen Trübsal bläst wappnet sich die politikorange-Redaktion sich mit Laptops für die bevorstehende Schreibflut.

Samstag, 20. März 2010

Frei und flexibel in die Altersarmut?

Flexibilisierung, Sicherheit, Selbstbestimmung – drei der Schlagworte der Podiumsdiskussion „Leben und Arbeiten in der digitalen Welt“ mit fünf Vertretern aus dem Arbeitsleben: Angestellte und Freiberufler.

Björn Böhning will die Entwicklung in der Arbeitswelt nicht „zurückdrehen, sondern stützen“. Mit „zurückdrehen“ meint der SPDler das, was viele wollen. Zurück zu alten Strukturen, zur 40h Woche, zum festen Arbeitsvertrag mit geregeltem Gehalt. Doch gerade das will Björn Böhning nicht. Im Gegenteil, er möchte die Flexibilität der heutigen Arbeitnehmer stützen, weil er meint, dass diese die Flexibilität wollen.
Diese Ansicht unterstützt Peter Plöger, Verfasser des Buches „Die Arbeitssammler“. Er sagt, der Satz „Lern was anständiges, dann ist dir ein guter Job sicher“ gilt heute nicht mehr.
Das Problem ist für alle auf dem Podium klar: Es gibt viele Selbstständige, aber keine Sicherheit, nur Selbstausbeutung. Die Selbstständigen sind nicht organisiert, sie leiden unter Lohndumping, Stress und dem Zwang ständig flexibel zu sein.
Julia Sillinger, Online-Redakteurin bei der taz, formuliert das Problem kurz und knapp: „Wir brauchen Rahmenbedingungen für Selbstständigkeit und freie Mitarbeit.“

Wie man diese schaffen kann, da ist man sich auf dem Podium nicht so ganz einig, die Einen reden von der Aufgabe der Gewerkschaften, die Anderen von der Aufgabe der Politik. Einer der Zuhörer meint, wenn es in Zeiten von Web 2.0 nicht gelänge, sich zusammen zu tun und für seine Recht einzustehen, dann seien die Selbstständigen doch selber Schuld.
Von einem Zuhörer wird das Modell des „smart workcenter“ vorgestellt, welches in den Niederlanden schon funktioniert. Ein Zentrum, in dem Selbstständige arbeiten und sich gleichzeitig mit anderen austauschen können. Ein weiterer Vorteil: Es gibt sogar eine Kinderbetreuung, damit Familie und Beruf vereinbar bleiben.

Am Ende der Sitzung ist zwar keine Lösung gefunden, aber man ist sich wenigstens einig in dem Punkt, dass man etwas gegen die jetzige Lage tun muss.
Björn Böhning drückt es passend aus: „Es wäre schon eine traurige Schlagzeile, wenn wir nachher frei und flexibel in der Altersarmut gelandet sind.“

Den Politikern ins Netz gehen…

„Wir haben darauf geachtet, Jungwähler über die sozialen Netzwerke in die Politik einzubeziehen. – Ohne jedoch Politainement zu betreiben“, wurde die hitzige Debatte um politische Anwendung so genannter Social Networks eingeleitet. Besprochen wurde vor allem neben der Politikverdrossenheit die niedrige Wahlbeteiligung von jungen Leuten. Charakteristisch ist bei den sozialen Netzwerken vor allem die Vernetzung der Bürger. Nur so kann eine politische Mobilisierung erfolgen. Möglichkeiten, neue Wählerschichten über die Social Networks zu erschließen wurden aus seiner Sicht viel zu selten genutzt. Immerhin ist jeder Vierte in Deutschland auf einem solcher Webseiten registriert. Großer Handlungsbedarf herrscht beim Thema „Digital Devide“, also der Tatsache, dass nicht alle Menschen die nötige Kompetenz besitzen, das Internet sinnvoll für sich zu nutzen. Abhilfe soll unter anderem die Schule als Förder bzw. Lehrinstanz schaffen.
Eine erfolgreiche Strategie sollte hingegen so aussehen, dass gute Angebote vor Ort mit den virtuellen Chancen wirkungsvoll verknüpft werden. Wichtig ist vor diesem Hintergrund, den politischen Dialog im Internet auszubauen und dadurch zu verbessern. Facebook, studivz.de und Co. werden so schnell zum Träger von Botschaften, da sie den Vorteil bieten, die Inhalte breiter zu streuen. Es erfolgt aus diesem Grund eine Entprofessionalisierung der Kommunikation, durch die individueller, fast ungezwungener sowie offener auf den Bürger eingegangen werden kann. Festzustellen ist auch eine Verschiebung der Personensuche von der Suchmaschine hin zum sozialen Netzwerk.
Allerdings taucht aber die Schelle auf, dass eher selten aktiv nach den Profilen von beispielsweise Abgeordneten gesucht wird. Aber nicht nur dem User wird die Schuld in die Schuhe geschoben. Mangelndes „Campaining“ wird dabei allen Parteien vorgeworfen. „Da muss man aus seinem persönlichen Dunstkreis rausschauen“, lautet da der Lösungsvorschlag der Referent. Wie genau das gehen soll, bleibt ein anderer Dunstkreis…

Haltet das Internet aus dem Stundenplan fern!

Das PolitCamp hat in diesem Jahr eine Tochter bekommen: Das JugendpolitCamp. Eine Podiumsdiskussion beschäftigt sich mit Partizipationsmöglichkeiten für Jugendliche im Netz. Debattiert wird aber über Medienkompetenz.

Stellt euch vor euer Musiklehrer würde euch fortan den Zauber von Rihannas Musik erklären, oder den Beat von den Black Eyed Peas an der Tafel auseinandernehmen. Würdet ihr den Ausführungen eures Musiklehrers überhaupt glauben? Und würdet ihr diese Musik noch auf dieselbe Weise hören? "In den Siebziger Jahren fingen alle an, in ihrem Musikunterricht Charts durchzunehmen", erinnert sich Franz Michael Deming, heutiger Schulleiter der Kreismusikschule Plön. So sollte der trockene Stoff den Schülern näher gebracht werden, aber es ging voll nach hinten los", erzählt er weiter.

Heute wird nicht mehr um Charts im Musikunterricht debattiert, sondern über Internetlektionen in der Schule. "Viele Jugendliche wissen nicht, was für Auswirkungen ein Partyfoto auf Studivz für ihre spätere professionelle Laufbahn haben kann" sagt Matthias Groote, Europaabgeordneter der SPD. Dass sich Jugendliche im Netz wohler fühlen als ältere Generationen ist klar. Dass dieses Gefühl, Zuhause zu sein, Entblößungen und Entgleisungen nicht verhindert, ist allerdings ebenso Tonus auf dem Podium. Jugendliche müssen lernen mit den unendlichen Möglichkeiten im Netz umzugehen und diese auch wahrzunehmen. Das Stichwort lautet: Politische Partizipationsmöglichkeiten.

Gregor Landwehr, Jugendpressevertreter auf dem PolitCamp, warnt davor, diese Aufgabe den Schulen zuzuspielen. "Jugendliche an die Hand zu nehmen funktioniert in diesem Fall häufig nicht! Sie müssen es selber lernen", sagt er. Das Prinzip „Von Jugendlichen für Jugendliche“ erscheint als die einzige Lösung. Denn Lehrer, die – um es überspitzt zu sagen – noch nicht einmal wissen wie, sie ein Foto hochladen können, werden von der Youtubegeneration wohl kaum Ernst genommen. Einzige Lösung sei das Prinzip „Augenhöhe“ – von Jugendlichen für Jugendliche.

Die Jugendpresse, die Plattform „Netzcheckers“ und die Servicestelle Jugendbeteiligung versuchen das umzusetzen und Medienkompetenz zu vermitteln. Dass diese aber noch nicht überall angekommen ist, beweist ein Blick auf die Fotogalerien in Social Communities. Und ins Plenum, dessen Stuhlreihen nicht voll besetzt sind. Hätten die Jugendlichen den Weg zur Diskussion gefunden, wären ihnen vielleicht weitere Wege eingefallen, wie sie die Möglichkeiten im World Wide Web voll nutzen können ohne die Risiken aus den Augen zu verlieren.