Samstag, 20. März 2010

Change we can´t believe in

Wandel ist gut und Onlinewahlkampf sowieso. Das wissen wir spätestens seit Obama. Denn – was in den USA funktioniert, kann doch in Deutschland nicht ganz schlecht sein. Zumindest scheinen das unsere Politiker zu glauben. Und so stieg die Zahl der twitternden und sozial-vernetzten Politikern vor der Bundestagswahl sprunghaft an – um dann allerdings genauso rapide wieder abzufallen. Die vielen Karteileichen zeugen von diesem plötzlichen Massensterben.

Wirklich im 21. Jahrhundert angekommen ist die politische Klasse also noch nicht. Das sehen auch die geladenen Politiker zur Podiumsdiskussion über das Thema so. Der einhellige Tenor: Der Onlinewahlkampf zur Bundestagswahl 2009 war eher enttäuschend. Der Versuch, die Obamamanie zu kopieren und auch Deutschland zu einem Volk von (Wahl-)Netcitizens zu machen, ist gescheitert.

Begründet wird das in der Diskussion vor allem darin, dass die Strukturen und die Mentalität in Deutschland nicht gleich seien. Es sei viel einfacher, Spenden zu bekommen und auch das Ehrenamt habe einen ganz anderen Stellenwert als in Deutschland. Dabei zeigen sich die Politiker teilweise sogar äußerst selbstkritisch. Der Linken-Politiker Bodo Ramelow bezeichnet eine einstweilige Verfügung, die ein Parteikollege gegen wikipedia erlassen hat, gar als „größten Flop des Wahlkampfes.“
Das wirkliche Problem wird – bei allem Anschein von Selbstkritik – jedoch umschifft. Obamas Onlinekampagne hatte auch deshalb einen solchen Erfolg, weil das Volk wirklich glaubte, eine Wahl zu haben, einen Wandel bewirken zu können. Bei der Bundestagswahl jedoch hatten die Parteien ihr Profil aus wahltaktischen Gründen teilweise bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Dies wirkt sich gerade und besonders im Internet aus, wo die Politik mit einer Unmenge an anderen Informationen und Einflüssen konkurrieren muss. Eine profillose Politik hat hier praktisch keine Chance. Und so sollte die Erkenntnis der Diskussionsteilnehmer lauten – Politik ohne Internet ist auch im 21. Jahrhundert möglich, Politik ohne Inhalte aber (immer noch) nicht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen